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Interview mit den neuen Blended Learning Assistenten Jan von Harten und Nils Chudalla

Foto von Nils Chudalla Urheberrecht: © N. Chudalla

„Blended Learning“ bedeutet so viel wie „Gemischtes Lernen“ und bezeichnet die Kombination von klassischer (Präsenz-)Lehre und innovativen digitalen Online Lehrkonzepten (E-Learning). Dazu gehören zum Beispiel Maßnahmen wie Serious Games oder Virtual Fieldtrips. Durch die Online-Lehre während der Corona-Krise rückt das Thema Blended Learning immer weiter in den Vordergrund.

Wie Blended Learning in der Praxis aussieht, kann auf der Webseite der Fachgruppe Geowissenschaften und Geographie und in den einmal pro Quartal erscheinenden Newslettern nachgelesen werden.

Jan von Harten und Nils Chudalla haben zum Jahreswechsel die Stelle der Assistenz der Blended Learning Beauftragten übernommen. Im Interview erzählen sie von ihren Erfahrungen mit Blended Learning im eigenen Studium und von ihren zukünftigen Projekten.

  Foto von Jan von Harten Urheberrecht: © J. von Harten

Ihr beide schreibt im Moment eure Doktorarbeit am Institut von Professor Wellmann. Was habt ihr davor studiert und wie seid ihr auf das Thema eurer Master- bzw. Doktorarbeit gekommen?

Nils: Ich habe sowohl den Bachelor als auch den Master Angewandte Geowissenschaften an der RWTH gemacht und habe dort die Vertiefungsrichtung EMR („Energy and Mineral Resources“) gewählt. Nach dem Bachelor wollte ich noch mein Master Studium hier absolvieren, da ich mir in Aachen ein kleines Netzwerk in der Fachschaft und den Kontakt zu Dozierenden und Mitarbeitern aufgebaut habe. Meine Masterarbeit habe ich schließlich bei Professor von Hagke geschrieben.

Jan: Ich habe eigentlich einen ganz ähnlichen Werdegang. Den Bachelor und Master habe ich auch in Angewandte Geowissenschaften gemacht. Meine Vertiefungsrichtung war ebenfalls EMR. An der klassischen Geologie hat mich oft der große Interpretationsspielraum gestört. Im Master bin ich dann durch den Kurs „Numerical Reservoir Engineering“ ans Programmieren gekommen und habe die vermittelte quantitative Herangehensweise an geologische Fragestellungen zu schätzen gelernt. Deswegen habe ich auch meine Masterarbeit bei Prof. Wellmann geschrieben.

Nils: Ich habe mich im Studium immer wieder gefragt, wie der Untergrund aussieht und welche tektonischen Prozesse dort stattfinden. In meiner Masterarbeit über Numerische Modellierung habe ich dann einen strukturgeologischen Prozess am Computer simuliert. Der Gedanke, dass man versucht, ein möglichst genaues Untergrundmodell auf Basis der gegebenen Daten aufzubauen, hat mich nun zum Institut von Prof. Wellmann gebracht.

Wie seid ihr zu Blended Learning gekommen und für wie lange seid ihr die Assistenz der Blended Learning Beauftragten?

Jan: Die Digitalisierungsstrategie der Fachgruppe sieht vor, dass in den Jahren 2018 bis 2023 zwei Professuren, in unserem Fall Prof. Neiberger und Prof. Wellmann, das Thema Blended Learning voranbringen. Voraussichtlich für die kommenden Jahre übernehmen Nils und ich nun die Assistenz.

Nils: Wir beide haben schon erste Erfahrungen mit Blended Learning Methoden gesammelt und sind somit nicht ganz unerfahren an die Arbeit herangetreten. Im Gelände konnte ich zum Beispiel schon Erfahrungen im Aufnehmen von Aufschlüssen sammeln, also vor allem in den Themenfeldern Photogrammetrie und Virtual Reality. Jan kennt sich gut mit Python und Jupyter Notebooks aus. Da wir beide erst seit Kurzem die Doktorarbeit am CGRE bei Prof. Wellmann schreiben, bleiben wir auf jeden Fall noch ein paar Jahre in Aachen.

Gab es in Veranstaltungen aus eurem Studium schon Ansätze für Blended Learning?

Nils: Ich kann mich noch erinnern, dass Prof. Urai in seiner Vorlesung Endogene Dynamik mit kleinen Farbkärtchen ein Blended-Learning-Konzept hatte. Das war zwar nicht digital, ging aber in eine ähnliche Richtung, nämlich, dass man Lernkonzepte überdenkt und sich neue Methoden einfallen lässt. Live-Umfragen mit Apps wie Pingo hat dann etwas später Prof. Clauser genutzt. Im Bachelor werden Grundlagen für das Programmieren mit z. B. Python erlernt und im Master vertieft, was eine wichtige Basis für einige Blended Learning Konzepte ist.

Jan: Moodle (bzw. L2P) wurde eigentlich schon immer genutzt, obwohl nur wenige Kurse wirklich das Potential der Plattform ausgeschöpft haben. Mich freut es, dass wegen des digitalen Semesters immer vielseitigere Konzepte auf Moodle umgesetzt werden.

Wendet ihr Blended Learning in den Kursen, die ihr leitet, an?

Jan: Ja, in meinen Python-Kursen benutze ich Blended Learning mit digitalen Aufgaben über Jupyter Notebooks. Natürlich ist es teils auch Definitionssache, ob die eigenständige Arbeit der Studierenden am Computer im digtialen Semester schon zu Blended Learning zählt. Dadurch, dass die Studierenden in meinem Kurs wöchentlich Aufgaben bekommen und diese im Team lösen können, wird zumindest die Interaktion gestärkt.

Nils: Ich bin noch frisch in meiner Promotionsstelle und werde wahrscheinlich erst in späteren Semestern Kurse übernehmen.

Habt ihr schon konkrete Projekte geplant?

Nils: Wir werden natürlich den Newsletter, der regelmäßig erscheint, und die Best-Practice-Beispiele weiterführen. Wir haben außerdem vor, Kompetenz- und Interessentreffen zu organisieren. Jan würde gerne etwas zu Jupyter Notebooks und ich zu Virtual Fieldtrips vorstellen. Bei diesen Workshops können sich Dozierende darüber austauschen und diskutieren, inwiefern die vorgestellten Blended Learning Maßnahmen in ihre Kurse eingebaut werden können. Damit führen wir fort, was unsere Vorgängerin Charlotte Zippe initiiert hat. Sie hat zum Beispiel ein Kompetenzgruppentreffen zum Thema Serious Games" organisiert. Serious Games sind eine Art Planspiel, mit dem die Studierenden in reale Situationen versetzt werden sollen. Ein solches Serious Game wird im Themenbereich Wirtschaftsgeographie im Geographie-Studiengang schon angeboten und soll spielerisch die Komplexität der Entwicklung des Einzelhandels vermitteln.

Wie sollte das Verhältnis von Präsenzlehre und Blended Learning sein?

Nils: Blended Learning muss die klassische Präsenzlehre gar nicht ausschließen. Man kann durchaus Präsenzlehre mit Blended Learning Maßnahmen verbessern, zum Beispiel durch On-Demand-Videos zur Vertiefung der Lerninhalte oder durch das Einbauen von Maßnahmen in die Vorlesung, um diese interaktiver zu gestalten. Das können zum Beispiel Umfragen oder praktische Beispiele in Virtual Reality sein. Ich würde Blended Learning als sinnvolle Unterstützung zur Verbesserung der Lehre sehen und dort einbauen, wo es möglich ist. Das muss nicht nur auf die Online-Lehre beschränkt sein.

Jan: Natürlich kommt es auch auf die Kurse an. Durch die vielen Konzepte gibt es nahezu für jeden Kurse geeignete Blended Learning Maßnahmen. Es gibt keine Pauschallösung, die sich auf jeden Kurs anwenden lässt. In einem Programmierkurs ist es natürlich schwierig, ein Serious Game einzubauen. Grundsätzlich bin ich aber der Meinung, dass die Mehrzahl der angebotenen Kurse profitieren kann.

Was denkt ihr, welche Blended Learning Maßnahmen am besten bei den Studierenden ankommen?

Nils: Es gibt natürlich sehr verschiedene Lerntypen. Manche Studierende lieben die Online-Lehre, manche die Präsenzlehre. Ich denke, dass die Studierenden neue und ausgefallene Lehrmethoden sehr schätzen, weil sie häufig interaktiver sind und sie somit mit anderen Studierenden in Kontakt kommen, was in der Corona-Krise umso wichtiger ist.

Jan: Ich denke die bessere Frage wäre, welche Blended Learning Maßnahmen den Studierenden helfen, die vermittelten Inhalte zu verstehen und langfristig zu verinnerlichen. Im besten Fall kommen diese Maßnahmen dann auch gut an, weil sie, wie zum Beispiel die angesprochenen Serious Games, wichtige Inhalte spielerisch verpacken. Das erfordert aber auch viel Einsatz und Experimentierbereitschaft seitens der Studierenden.

Nils: Jan und ich sind dankbar für jede Anregung gerade auch seitens der Studierenden. Ich habe im September mein Masterstudium abgeschlossen und weiß, wie häufig die Studierenden die Feedback-Möglichkeiten nicht ausschöpfen. Ich finde es sinnvoll, dass die Studierenden den Dozierenden mitteilen, wie sie den Stoff mitgeteilt bekommen wollen. Wir sind froh über jede Anregung!