Vom Smithsonian an die RWTH: Willkommen Prof. Troch!

  Bild vor Lava - 2021 bei Fagradalsfjall Eruption in Island Urheberrecht: © Troch
20.09.2022
 

Liebe Frau Troch,

am 15.09.2022 haben Sie die Nachfolge von Prof. Stanjek als Juniorprofessur „Petrologie und Fluidprozesse“ übernommen. Warum haben Sie sich für Aachen entschieden und welche Schwerpunkte werden Sie in Aachen in die Lehre und Forschung einbringen?

Ich freue mich riesig über die Chance hier in Aachen – in direkter Nähe zu Deutschlands einzigem aktiven Vulkanfeld! – eine Forschungsgruppe aufbauen zu dürfen. Unser Fokus wird dabei auf den petrologischen und geochemischen Fingerabdrücken liegen, die verschiedene magmatische Prozesse in Gesteinen und vulkanischen Ablagerungen hinterlassen. Um diese entschlüsseln zu können ist eine gezielte Kombination verschiedenster Methoden notwendig, also z.B. geochemische Analytik, Geländebeobachtungen, sowie die Simulation von magmatischen und hydrothermalen Prozessen in Hochtemperatur-Experimenten und numerischen Modellierungen. Diese Interdisziplinarität und ganzheitliche Herangehensweise möchte ich natürlich auch in der Lehre vermitteln.

  Auf Feldarbeit im Yellowstone Nationalpark, dies sind einige der Ablagerungen, die zur ersten Supereruption von Yellowstone gehören Urheberrecht: © Troch

Sie haben von 2009-2014 Geo- bzw. Erdwissenschaften an der Universität Kiel bzw. ETH Zürich studiert und im Anschluss 2019 in Zürich zum Thema „The generation of low-δ18O rhyolites along the Yellowstone hotspot track: Constraints from experiments, oxygen isotopes and thermal models“ promoviert. Wie sind Sie zur Petrologie gekommen und was fasziniert Sie an diesem Fachgebiet? Wie erklären Sie einem Laien die Bedeutung Ihres Fachbereichs für die Gesellschaft?

Die Faszination für das System Erde und die Vulkanologie im Besonderen habe ich eigentlich erst nach meinem Abitur bei einem Work & Travel Aufenthalt in Neuseeland so richtig identifizieren können, auch wenn mich diese Themen schon länger interessiert haben. In der Schule werden die Geowissenschaften im Fach Erdkunde/Geografie ja leider oft nur angeschnitten – das ist etwas, das sich dringend ändern muss, gerade im Hinblick auf die Herausforderungen, die der globale Klimawandel mit sich bringt! In den ersten Petrologie-Vorlesungen im Studium hat es mich sehr beeindruckt, wie viele Informationen sich aus einem einzigen Gesteinshandstück über seine Entstehung und somit ein Stück Erdgeschichte herauslesen lassen. Diese Grundlagenforschung hilft uns die zugrundeliegenden Prozesse, ihre Rahmenbedingungen und die natürlichen Stoffkreisläufe auf geologischen Zeitskalen zu verstehen. Dieses Verständnis dient wiederum den angewandten Bereichen der Geowissenschaften, z.B. beim Abschätzen des Gefahrenpotenzials von Vulkanen, der Erkundung von mineralischem Rohstoffen im Zusammenhang mit magmatischen Systemen und der Nutzung von natürlichen hydrothermalen Systemen für Geothermie. Diese Verknüpfung zwischen Grundlagenforschung und anwendungsbasierten Forschungsbereichen macht die RWTH zu so einem interessanten Standort!

Ihr besonderer Schwerpunkt liegt auf der Erforschung von magmatischen Systemen. In den letzten Jahren waren Sie dabei vor allem im Yellowstone National Park sowie in Namibia und auf Island aktiv. Wie wichtig ist Ihnen die Geländearbeit vor Ort und haben Sie vor, ggf. entsprechende Geländeveranstaltungen anzubieten?

Um ein Gefühl für die Dimensionen, Zeitskalen und Variabilität von geologischen Prozessen zu entwickeln zu können, brauchen wir unbedingt einen gelegentlichen Blick über den Bildschirmrand. Geologie muss man in 3D erleben und geologische Phänomene nicht nur im Hörsaal sehen, sondern sie auch in der Natur (be)greifen – daher sind Exkursionen meines Erachtens essenziell für das geowissenschaftliche Studium. Ich selber genieße das abwechslungsreiche Nebeneinander von Labor- und Geländearbeit und der Auswertung am Rechner und empfinde die Arbeit im Gelände regelmäßig als riesigen Motivationsbooster. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese Freude an der Naturbeobachtung nicht nur während der schon geplanten Exkursionen in die Eifel, sondern auch bei Reisen zu anderen magmatischen Settings gemeinsam teilen!

  Bild (hüpfend im Sonnenuntergang) - mit Kollegen und Studierenden auf Feldarbeit in Namibia Urheberrecht: © Troch

Sie haben für sich nicht den klassischen Weg einer Habilitation eingeschlagen, sondern sind den Weg über eine Juniorprofessur mit Tenure Track gegangen. Warum haben Sie sich für diesen Weg entschieden und welche Chancen sehen Sie in diesem akademischen Karrieremodell?

So sehr ich die Geländearbeit in verschiedenen Erdteilen und meine Forschungsaufenthalte in der Schweiz und den USA genossen habe, war es für mich und meinen Mann spätestens mit der Pandemie klar, dass wir langfristig wieder gerne in Europa und näher an Familie und Freunden leben möchten. Die Juniorprofessur mit tenure track bietet die für Nachwuchswissenschaftler*innen seltene Chance mit längerfristiger Perspektive an einem Ort ein eigenes Forschungsprogramm aufzubauen, anstatt viel Energie in die nächsten drei Umzüge stecken zu müssen. Erfahrungsgemäß ist diese Unsicherheit und fast verordnete Rastlosigkeit ein Hauptgrund, warum viele schlaue Köpfe, vor allem weibliche, der Wissenschaft verloren gehen. Konzepte wie die Juniorprofessuren bieten hier einen Ausweg – noch besser wäre es, wenn es solche Modelle auch für Mittelbaustellen gäbe.

Mit Ihrer Berufung auf die Junior-Professur werden Sie Doktoranden*innen betreuen. Welche Leitlinien sind Ihnen bei der Ausbildung Ihres wissenschaftlichen Nachwuchses wichtig und wie planen Sie dies in Ihrer Juniorprofessur umzusetzen?

Wichtig ist mir das gemeinsame Arbeiten auf Augenhöhe und ein freundlich-respektvoller Umgang miteinander. Um wissenschaftlich zu arbeiten muss man kein absoluter Überflieger in allen STEM-Fächern sein; wichtiger sind Motivation, Beharrlichkeit und die große Lust Neues zu lernen und sich in neue Themen einzufuchsen. Ein Doktorat kann, aber muss nicht in eine wissenschaftliche Karriere münden – das selbstständige Arbeiten mit großen Datensätzen, Projektmanagement, Methodenentwicklung, Teamkoordination und Wissenskommunikation sind alles Fähigkeiten, die vielfach gefragt sind. Meine Rolle als Betreuerin ist das Empowerment, also Studierende und Doktorierende auf ihrem Weg zu begleiten, zu fördern, das Projekt in die richtige Richtung zu lenken und für gute Rahmenbedingungen zu sorgen.

Seit 2020 waren Sie als Postdoc und Buck-Fellow am Smithsonian National Museum of Natural History in Washington DC in den USA in der Abteilung für Mineralogie beschäftigt. Inwiefern unterscheidet sich der wissenschaftliche Betrieb an dieser Institution vom deutschen universitären Forschungssystem?

Der größte Unterschied – das Smithsonian National Museum of Natural History ist ein Museum mit eigener Forschungsabteilung und riesigen Sammlungen, keine Universität. Das heißt keine Studierende (bis auf gelegentliche Praktikanten*innen), keine Semester und keine Vorlesungen; den direkten Kontakt mit den Studierenden habe ich dann irgendwann doch sehr vermisst. Als einer der größten Museumskomplexe der Welt richtet sich der Fokus für Wissensweitergabe am Smithsonian auf die breite Öffentlichkeit – und zwar auf alle Altersklassen. Der Großteil der dort beschäftigten Wissenschaftler*innen ist allerdings nicht täglich im Kontakt mit den Museumsbesuchern, sondern nur zu bestimmten Führungen und Events. Leider fiel ein großer Teil meiner Zeit in Washington in die Pandemie, so dass ich nur einen Teil der tollen Programme am Smithsonian kennenlernen konnte.

Und eine abschließende Frage: Worauf freuen Sie sich am meisten am Standort Aachen?

Auf neue spannende gemeinsame Projekte inner- und außerhalb der Fachgruppe, das gemeinsame Brainstorming dazu, was Magmen und Fluide so alles in der kontinentalen Kruste anstellen – und natürlich auf ein gutes Vulkanbräu in der Eifel!

Vielen Dank für das Interview und einen guten Start in Aachen!